„Besser gesund leben“: Plötzlich war vieles möglich

Einer der ersten Teilnehmer des Präventions-Projekts für Menschen mit Assistenzbedarf erzählt, wie es ihm auf dem Weg zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden ergangen ist.

„Ich fühle mich leichter“, antwortet Benjamin H. auf die Frage, wie es ihm geht. Und er lächelt dabei, denn es war genau das, was er sich als einer der ersten Teilnehmer von „Besser gesund leben“ – dem Präventionsprojekt der Evangelischen Stiftung Alsterdorf für Menschen mit Assistenzbedarf – gewünscht hatte. Er wollte mehr Sport machen, sich gesünder ernähren, besser mit Stress umgehen, weniger traurig sein. Und irgendwann wollte er – das war sein größter Wunsch – nicht mehr in einer Werkstatt, sondern auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten.
Und heute? Heute arbeitet er in einem Edeka-Markt in Lokstedt und strahlt, wenn er davon erzählt. Er freut sich jede Woche auf Rehasport und Krafttraining mit seiner Inklusionssportgruppe und sagt: „Da kann ich mich richtig auspowern und bekomme den Kopf frei“. Autogenes Training macht er und war auch schon bei der Laufgruppe von „Leben mit Behinderung“ und bei einem Kurs für mehr Wohlbefinden. Er ist auch endlich mal zum Arzt gegangen und hat seinen Blutzucker checken lassen, trinkt morgens nach dem Aufstehen ein Glas Wasser und will es mal mit Müsli versuchen. Er schläft jetzt besser, hat mehr Freude an allem und beim Sport schon neue Freundinnen und Freunde gefunden. Er sagt: „Bei mir geht es richtig rund“. Sein ganzes Leben fühle sich leichter an als vorher.
Und er sagt, dass das „auch an Katharina liegt“. Katharina Wilharm ist eine von acht Pflegeexpertinnen, die bei „Besser gesund leben“ Menschen mit Assistenzbedarf begleiten auf ihrem Weg zu mehr Gesundheit. Sie war in dem zurück liegenden Jahr immer wieder bei Benjamin H. zu Hause und hat mit ihm gemeinsam herausgefunden, was er für seine Gesundheit tun möchte, daraus Ziele abgleitet und ihn dabei unterstützt, sie zu erreichen. „Da bin ich auf einmal aktiv geworden. Vorher habe ich mich das nicht getraut“, sagt Benjamin H.. Aber plötzlich war vieles möglich: Sport, Entspannung, Freizeitangebote – sein Leben ist bunter geworden.
Und so habe er sich mit Hilfe seines Betreuers eben auch bei dem Edeka beworben – und ist zu einem Praktikum eingeladen worden. Acht Wochen lang hat er sich jeden Morgen gegen 6.30 mit Bus und Bahn von Alsterdorf nach Lokstedt auf den Weg gemacht und wurde anschließend übernommen. Jetzt hat er einen „ausgelagerten Einzelarbeitsplatz“ der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, und damit ist sein größter Wunsch schon in Erfüllung gegangen: „Mein Chef und das ganze Team sind toll, die Arbeit macht mir Spaß“. Er sitzt oft an der Kasse. Und er genießt, „dass ich nicht mehr in einer Sonderwelt bin“.
Weil der Job ihm nicht nur Freude macht, sondern auch mehr Geld einbringt als seine frühere Tätigkeit, kann er jetzt auch reisen. Neulich ist er nach Berlin gefahren. Er wusste, dass er da auf einer Veranstaltung einen SPD-Politiker treffen würde, den er aus dem Fernsehen kannte. „Ich habe ihn zum Thema Inklusion angesprochen. Das fand der gut.“ Im November möchte er wieder los, „vielleicht mal nach Bad Segeberg“.
Nach einem Jahr endet nun das Projekt „Besser gesund leben“ für Benjamin H.. Es ist der vorletzte Besuch von Katharina Wilharm und es geht um die Frage, wie er nun weiter macht. Das Thema Ernährung will er noch angehen, sich bei einer Ernährungsberatung anmelden, vielleicht einen Kochkurs machen. Noch mehr Freizeitangebote von „Freizeit ohne Barrieren“ nutzen.
Am Anfang ihrer Zusammenarbeit haben Katharina Wilharm und Benjamin H. das Bild von einem Weg gemalt: „So möchte ich besser gesund leben“ war die Überschrift und der Weg darauf war noch leer. Jetzt gibt es ein buntes Abschlussbild: Unter „meine Erfolge im ersten halben Jahr“ steht der Reha-Sport bei Johannes, der „mir hilft, um besser mit Depressionen umzugehen und Stress abzubauen“, der Edeka mit seinem „Super-Chef“ und dem „Super-Tam“, der neue Lohn und die Reise nach Berlin: „ein toller Tag“ hat Benjamin H. noch daneben geschrieben und „mir hat es das Selbstbewusstsein sehr gestärkt“.
Und nun? „Ich glaube, dass ich den Weg jetzt auch alleine fortsetzen kann“, sagt der junge Mann.

„Besser gesund leben“ wird vom Innovationsfonds gefördert. Dort läuft das Projekt unter dem Titel „FaPP-MgB: Fallmanagement und Pflegeexpertise als Präventionsansatz für erwachsene Menschen mit geistiger Behinderung“. Projektpartner sind das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf, die Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Fachhochschule Bielefeld, AOK Hamburg/ Rheinland, der BKK Landesverband und das Deutsche Krankenhausinstitut (https://projekt-besser.de/).

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